Aktuell diskutieren wir als Gesellschaft über eine CO2-Steuer und bezahlen bereits eine verhältnismässig geringe Mineralölsteuer nur auf bestimmte fossile Kraftstoffe und nur bei bestimmten Nutzungsarten. Sind beide Steuern eine sinnvolle Form einer möglichen Besteuerung? Hier ist ein Gedankenexperiment über eine vollständige Art der Besteuerung.
Mineralölsteuer
Die heutige Mineralölsteuer ist ein Ablasshandel, bei dem bestimmte Verbraucher für die Verbrennung fossiler Mineralöle einen Betrag an den Staat bezahlen. Sind wir uns als Verbraucher bewusst, warum und wofür wir eigentlich zahlen? Das Gesetz sagt
„Die Mineralölsteuer ist eine Verbrauchssteuer.“
Ein Grossteil der durch die Mineralölsteuer eingenommenen Beträge ist zur Instandhaltung der Infrastruktur zweckgebunden. Dies bedeutet letztendlich, dass die Verursacher belohnt werden: Denn je grösser der Verbrauch, desto besser ist die Infrastruktur unterhalten.
Gerade die Mineralölsteuer sollte in der heutigen Zeit lenkend wirken: Ein hoher Verbrauch bedeutet hohe Kosten, ein geringer Verbrauch geringere Kosten. Doch, was verbrauchen wir als Verbraucher eigentlich? Bezahlen wir nur für den verbrauchten Liter Mineralöl? Oder sollten wir nicht vielmehr für die verbrauchte Natur und den volkswirtschaftlichen Schaden bezahlen?
Volkswirtschaftlicher Schaden durch Emissionen
Nehmen wir ein Fahrzeug, das fossile Treibstoffe mittels tausender kleiner Explosionen in einem mehr oder weniger kontrollierten Umfeld verbrennt. Im Betrieb setzt ein solches Kraftfahrzeug viele Arten von Emissionen frei. Die bekanntesten sind CO2-, Stickoxid-, Feinstaub- und Lärm-Emissionen. CO2 sorgt für die Erwärmung der Atmosphäre und verändert das Klima, wodurch die Böden vertrocknen, die Ernten der Bauern ausfallen und Menschen frühzeitig den Hitzetod sterben könnten. Stickoxide können zu Lungenödemen bei Lebewesen führen. Feinstaub kann z.B. zu Asthma, COPD, einer Verminderung der Lungenfunktion oder Lungenkrebs führen. Lärm kann z.B. zur Beeinträchtigung der Sprache, zu Schlafstörungen, zu kreislaufbedingten Erkrankungen oder zur Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit führen. Der volkswirtschaftliche Schaden ist somit immens.
Freiheit zu emittieren
„Wo ist da noch meine Freiheit, wenn ich nicht mehr tun und lassen darf, was ich will?“, meinen Sie? Damit wir in einer Gemeinschaft leben können, haben wir uns gemeinsam eine Regel auferlegt. Ohne diese könnte keine Gemeinschaft funktionieren.
„Die Freiheit des Einen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.“
So oder ähnlich steht es in vielen Grundgesetzen. Freiheit bedeutet die Absenz von störenden Elementen. Sie stimmen mir nicht zu? Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem schönen und ruhigen Ort daheim oder in der Natur. Sie hören den Bach plätschern, hören einem Vogel zu und sind in kreative Gedanken vertieft. Während Sie so maximal entspannt sind, fährt ein lärmendes und stinkendes Kraftfahrzeug vorbei. Wo ist Ihr kreativer Gedanke nun?
„Ja, aber lärmend durch die Welt zu fahren ist doch noch echte Freiheit und Lebensgefühl!“
Hier prallen zwei Freiheiten aufeinander: die des Ruheliebenden und die des Ruhestörers. Das Grundgesetz trifft eine klare Aussage, wessen Freiheit wertvoller ist: die des Ruheliebenden.
„Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt. … Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“
Emissionsbasierte Steuer
Müssten wir daher nicht Steuern und Abgaben definieren, die sowohl den Verbrauch von Mineralöl als auch die Art des Verbrauchs besteuert? Das Freisetzen von wenig CO2, wenig Stickoxide, wenig Feinstaub und wenig Lärm muss belohnt, während das jeweilige Gegenteil bestraft werden muss. Was hilft es, wenn ein Kleinstauto einen geringen Verbrauch hat, aber dessen Abgasreinigung defekt ist oder einen Auspuff aufweist, der massiv Lärm produziert? Der reine Verbrauch bleibt zwar gleich, während der volkswirtschaftliche Schaden durch den Lärm und andere Emissionen exponentiell steigt.
Die Freiheit des einen, Emissionen zu erzeugen, wirkt sich auf die Freiheit vieler anderen Menschen aus, die frei von schädlichen Immissionen sein wollen. Wessen Freiheit ist wertvoller? Die der Mehrheit.
Warum wird nicht das Rasen mähen Ihres Nachbarn, der ihre Ruhe stört, angemessen besteuert? Er könnte sich doch einen leisen Mäher kaufen, der keine Emissionen abgibt. Warum macht er das nicht? Weil es für ihn billiger ist, Sie zu stören! Warum besteuern wir nicht die Flugreise, die neben der Emission von hunderttausenden Tonnen Abgasen für jeden Flug auch die Ruhe tausender Menschen stört? Warum besteuern wir nicht die Schiffsreise, wenn diese tausende Tonnen Emissionen durch das Verbrennen von billigem Schiffsdiesel erzeugt? Warum besteuern wir nicht die billigen LKW, wenn diese als rollende Lager von Unternehmen benutzt werden?
Es ist einfach zu billig, Emissionen zu erzeugen.
Emissionsbasierte Steuern wirken sehr lenkend auf den verursachten volkswirtschaftlichen Schaden. Deswegen müssen diese zweckgebunden für die Behandlung des zukünftigen Schadens genutzt werden – und nicht für die Instandhaltung der Infrastruktur.
Emissionen bei der Produktion
Dieser Ansatz sollte nicht nur für den Gebrauch eines Produktes, sondern auch für dessen Herstellung gelten.
Wird der volkswirtschaftliche Schaden zur Berechnung der Steuern angewendet, würden Produkte lokaler und nachhaltiger produziert werden. Die Produktion in Billiglohnländern und der damit verbundene Transport rund um den Globus würde entsprechend den Emissionen am Produktionsort und den Emissionen des Transports besteuert werden. Wir würden darauf achten, dass die Natur auch in fernen Ländern geschützt wird und dort nicht zu Gunsten der reichen Länder zerstört würde.
Die zukünftigen Kosten der Emissionen und Abfälle, die über eine lange Zeit gelagert werden müssen, müssten sofort bezahlt und nicht den zukünftigen Generationen auferlegt werden.
Öle aus Fracking oder Ölsand-Abbau, chemische oder radioaktive Abfälle, die für tausende von Jahren gelagert werden müssen, würden plötzlich genau wie die damit produzierten Produkte unendlich teuer werden.
Vergessen wir die Mineralölsteuer, vergessen wir auch die CO2-Steuer! Setzen wir auf eine Emissionssteuer! So retten wir die Natur, das Klima, unsere Lebensgrundlage und damit uns voreinander!
Foto von Patrick Hendry auf Unsplash.