Die Coopzeitung, Nr. 16 vom 14.4.2020, hat in ihrem Bericht „Die Ersatz-Mamis der Milchkälber“ eine unglaublich verklärende Darstellung der Milchkuhwirtschaft und hier sogar der biologischen Milchkuhwirtschaft gezeigt. Der Bericht strotzt nur so von schönfärberischen Aussagen, um vermutlich Coop in einem positiven Licht darzustellen, obwohl die Milchkuhwirtschaft eine recht dreckige Angelegenheit ist, auch dann, wenn „Bio“ draufsteht.

In diesem Bericht bewegt der oder die Autorin „FK“ für die Coopzeitung alle Hebel und nutzt alle Stereotypen, um die schlimme Welt der Milchkühe schönzumalen. Ich versuche hier die schlimmsten Aussagen zu deutet. Gleich im ersten Satz stutzt der Leser oder die Leserin.

„Eine Milchkuh gibt Milch für uns Menschen und für ihr eigenes Kalb“.

Es ist vollkommen abwegig zu glauben, dass eine Milchkuh zuerst an die Menschen denkt, wenn sie ihr Euter füllt. Tatsächlich gibt die Milchkuh Milch für ihr Kalb und nur für ihr Kalb. Nur, wir stehlen es von ihr.

„Der Bedarf an Milch für Milchprodukte ist gross. Zu gross für eine Milchkuh, um beide Bedürfnisse zu befriedigen.“

Die Milchkuh hat kein Interesse an der Befriedigung beider Bedürfnisse. Ihr einziger Grund für die Muttermilch ist, den Appetit ihres Kalbes zu decken.

Der Bedarf an Milch und Milchprodukte war früher gering. Er ist heute nur so gross geworden, weil das Marketing der Milchbranche den KonsumentInnen seit Jahrzehnten unentwegt suggeriert, dass das Trinken von Muttermilch einer anderen Rasse gesund sei.

„In der herkömmlichen Milchproduktion werden deshalb Kälber oft von ihren Müttern getrennt und von Menschenhand aufgezogen. Die Alternative dazu heisst Ammenkuhhaltung.“

Es ist also vollkommen egal, ob es sich um einen herkömmlichen oder einen Bio-Milchkuhbetrieb handelt: Beide entreissen den Müttern ihre Kälber direkt nach deren Geburt. Der Trennungsschmerz ist für beide so grausam, dass die Kuh noch Tage danach jämmerlich nach ihrem verlorenen Kalb ruft.

Direkt nach der Trennung von ihrem Kalb, wird die Kuh erneut künstlich befruchtet, damit sie auch ohne Kalb weiter Milch produziert.

„Das Prinzip ist so einfach wie einleuchtend: Nicht alle Kühe sind als Milchkühe gleich gut geeignet. Jene, die schon etwas in die Jahre gekommen sind oder sich nicht so gern melken lassen, können als Ammenkühe eine neue Aufgabe finden. Für die Ammenkühe selbst sei dieses System gar lebensverlängernd.“

Deren Alternative wäre ja auch der Schlachthof. Daher übernehmen sie die Rolle sicher gerne.

„Dem Kalb ist es egal, ob es am Euter seiner Mutter saugt – Hauptsache, es bekommt seine Milch.“

Sicher nicht! Denn sonst würde ein Kalb in freier Wildbahn auch mal bei einer fremden Kuh saugen, wenn es bei seiner Mutter lebt. Das macht es aber nicht, sondern saugt bei seiner leiblichen Mutter. Aber ja, dem Kalb ist es egal, woher es die Milch bekommt, nachdem es ein paar Tage hungern musste.

„«Für die Kälber ist das eine sehr gute, artgerechte Lösung», sagt Claudia Schneider, Tierwohl-Beraterin beim Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL).“

Bei dem Titel von Frau Schneider kommen drei zentrale Begriffe vor: „Tierwohl“, „biologischen“ und „Landbau“. Doch diese drei Begriffe müssen zuerst in die richtige Reihenfolge gebracht werden, um deutlich zu machen, worum es Frau Schneider wirklich zu gehen scheint. Hier geht es zuerst um den Landbau. Erst danach und an zweiter Stelle sollte dieser biologisch sein. Und erst an dritter Stelle geht es um das „ausreichende“ Tierwohl.

Was ist daran artgerecht, die Kinder von deren Mütter zu trennen? Es gibt nicht viele Tierarten, die ihre Nachkommen freiwillig bei anderen Müttern aufziehen lassen. Da fällt mir nur der Kuckuck ein.


Photo by peter tomceac on Unsplash.

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